I
m Dokumentarfilm 'Markak' von Hannot Mintegia, den wir in Berlin sehen konnten, reflektiert der Schriftsteller Bernardo Atxaga – dessen Buch dem Film zugrunde liegt – über traumatische Ereignisse wie einen Krieg und über das historische Gedächtnis. In solchen Fällen sei es, so Atxaga, fast unnatürlich, zurückzublicken und zu analysieren, was geschehen ist. Denn normalerweise vergisst man, will vergessen. Man erinnert sich nicht.
Seit der Wiedervereinigung hat Deutschland eine neue Art des Umgangs mit der Vergangenheit entwickelt. Wie Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier erklärte, haben die Deutschen erkannt, dass sie ihr Land nur „mit gebrochenem Herzen“ lieben können. In dieser kollektiven Aufarbeitung der Erinnerungskultur stellte die Entschuldigung für die Bombardierung von Gernika einen wichtigen Meilenstein dar.
Der damalige Bundespräsident Roman Herzog sandte einen Brief an die Opfer der Bombardierung von Gernika und an ihre Nachkommen. Es war das Ergebnis von fast einem Jahrzehnt unermüdlicher Arbeit.
Brief lesenIn den 1980er- und 1990er-Jahren war die Bereitschaft, Fehler der Vergangenheit zu erkennen, zu analysieren und anzuerkennen, in Deutschland noch längst nicht so tief verankert wie heute. Dank der beharrlichen Arbeit von Aktivisten, Historikern und Politikern hat sich die Situation verändert. Im Fall von Gernika ging die Initiative, die Regierung zum Handeln aufzufordern, von einer breiten zivilgesellschaftlichen Bewegung aus. Petra Kelly von den Grünen war 1987 die erste, die im Bundestag eine Entschuldigung beantragte – allerdings erfolglos.
Vor allem die Gewerkschafterin Constanze Lindemann, der ehemalige republikanische Soldat Fritz Teppich und der Historiker Wolfgang Wippermann sorgten dafür, dass das Thema Gernika auch nach der Wiedervereinigung nicht aus dem politischen Diskurs in Berlin verschwand. 1997, zum 60. Jahrestag des Bombenangriffs, kam es schließlich zu einer offiziellen Entschuldigung Deutschlands. Als kaum jemand damit rechnete, unternahm der christdemokratische Bundespräsident Roman Herzog entscheidende Schritte in der historischen Erinnerungskultur: Er übernahm die Verantwortung für den Bombenangriff und bat im Namen der Deutschen alle, die unter dieser Aggression gelitten hatten, um Vergebung.
Bevor Bundespräsident Roman Herzog diesen Schritt unternahm, hatte Constanze Lindemann bereits ein Symposium in Berlin über den Bombenangriff einberufen. Sie lud den Präsidenten zur Teilnahme ein, doch Herzog erklärte, dies sei ihm nicht möglich, und bot stattdessen an, einen Brief zu schreiben. Lindemann schlug vor, ihn an Gernika zu richten, und Herzog entsandte schließlich den deutschen Botschafter in Madrid zu den geplanten Veranstaltungen. Der Präsident hatte weder die Zustimmung des Deutschen Bundestages noch der wichtigsten politischen Kräfte. Es war eine sehr mutige Entscheidung, die von mehreren christdemokratischen Politikern scharf kritisiert wurde.
Dieses Symposium brachte auch ein wichtiges Ergebnis hervor: Bei diesem Treffen beschlossen Lindemann, Wippermann, Teppich und andere die Gründung der Euskal Etxea in Berlin – eines Vereins ohne festen Sitz, der dank der neuen Verbindung zwischen Deutschland und Gernika als Plattform dienen sollte, um die baskische Kultur in Berlin bekannt zu machen. Auf baskischer Seite spielte auch der Beitrag des Euskaltzale Michael Kasper, der in Gernika lebte, eine bedeutende Rolle.
Seit ihrer Gründung gehört die Arbeit rund um das Thema Erinnerung zu den Grundpfeilern der Euskal Etxea – vielleicht sogar zu den wichtigsten. Dies erhält besonderes Gewicht, wenn man bedenkt, dass es sich um einen von Deutschen gegründeten Verein handelt. Ein weiterer Meilenstein war die offizielle Entschuldigung des Bundestages gegenüber Gernika. In der deutschen Hauptstadt wurde im Stadtteil Zehlendorf ein Platz nach der Stadt benannt, an dessen Einweihung auch der Bürgermeister von Gernika, Eduardo Vallejo, teilnahm. Seitdem gedenkt der Euskal Etxea jedes Jahr am 26. April mit einer schlichten Feier der Bombardierung. 2009 wurde auf Initiative des SPD-Abgeordneten Klaus Uwe Bennet auf dem Platz zudem eine Informationstafel über die Bombardierung aufgestellt.
Im Jahr 2012, anlässlich des 75. Jahrestages der Bombardierung von Gernika, organisierte das Baskische Zentrum in Zusammenarbeit mit dem Haus der Demokratie eine Ausstellung sowie eine Konferenz. Neben den Beiträgen von Wolfgang Wippermann, Ingo Niebel und Emilio Majuelo wurden mehrere Dokumentarfilme gezeigt. Den Mittelpunkt des Programms bildete die Ausstellung über die Bombardierung, die vom Friedensmuseum Gernika konzipiert worden war.Unter den genannten Initiativen ist der 2016 organisierte Kongress „Agirre in Berlin” sicherlich die bedeutendste. Anlässlich der Monate, die der Lehendakari während des Zweiten Weltkriegs auf seinem Weg ins amerikanische Exil in Berlin verbrachte, diskutierten Historiker und Fachleute bei einer Tagung an der Humboldt-Universität die Erfahrungen des Baskenlandes in diesem Konflikt aus unterschiedlichen Perspektiven.
Unter den genannten Initiativen ist der 2016 organisierte Kongress „Agirre in Berlin” sicherlich die bedeutendste. Anlässlich der Monate, die der Lehendakari während des Zweiten Weltkriegs auf seinem Weg ins amerikanische Exil in Berlin verbrachte, diskutierten Historiker und Fachleute bei einer Tagung an der Humboldt-Universität die Erfahrungen des Baskenlandes in diesem Konflikt aus unterschiedlichen Perspektiven.
Markak filmaren aurkezpena eta laguntzeko antolatu Aitor Etxebarriaren kontzertuaDazu kamen die Vorstellung des Films „Markak”, die Organisation eines Konzerts von Aitor Etxebarria, der „Himmelaustausch” zwischen Gernika und Berlin von Michael Klant sowie ein Vortrag von Iñaki Egaña. Fast jedes Jahr hat der Euskal Etxea ein Erinnerungsprojekt auf ihrer Agenda. Das Normalste ist zu vergessen – doch die Mühe des Erinnerns lohnt sich. Das haben uns die Gründer unseres Vereins gelehrt.